Verfassungsgericht NRW stärkt Rechte kleiner Parteien
Leserbrief
Die kleinen Parteien wollen nicht mehr Rechte haben als die Grossen, sondern rechtlich gleich behandelt werden.
1999 hatte die ÖDP (Ökologisch-Demokratische Partei) bereits die 5%-Sperrklausel bei Kommunalwahlen durch ein Urteil des VGH NRW erfolgreich gekippt. Diese Klausel gab es in den Süddeutschen Ländern nie (in Bayern gibt es daher ca. 330 ÖDP-Mandatsträger). Grosse Parteien behaupten, dass Stadträte mit kleinen Parteien handlungsunfähig werden; das ist aber in Süddeutschland noch nicht nachgewiesen worden. Im Frühjahr 2008 wurde diese Klausel auch in Schleswig-Holstein abgeschafft.
In dem jetzigen Urteil geht es nicht um eine Wählerstimmen-Sperrklausel, sondern um einen Verrechnungsfaktor, der besagt, dass die gesamte gültige Stimmenzahl durch die Zahl der Sitze dividiert wird. Die Zahl der Stimmen pro Sitz erhält den Faktor 1,0. Da meistens Kommastellen (Reststimmen) übrig bleiben, muss ein gerechtes Rundungsverfahren verwendet werden.
Das bisherige Hare-Niemeier-Verfahren wurde in NRW durch das Saint-Lagué-Scheppers-Verfahren abgelöst. Im Gegensatz zu den Mathematikern, die die Rundungsgröße bei 0,5 festlegten, hat der Landtag diese im Oktober 2007 auf 1,0 angehoben, jedoch nur für den ersten Sitz. Bei Parteien mit mehr Sitzen gilt die Rundungszahl 0,5. Das heißt bei einem Faktor von 0,99 gibt es keinen Sitz, jedoch bei 1,5 gibt es gleich zwei Sitze, wodurch die Wählerstimmen ungleich gewertet werden bzw. unter den Tisch fallen.
Diese Wahlgesetzumstellung vor der kommenden Kommunalwahl '09 diente nur dazu, kleine Parteien und Wählergruppen auszuschließen, denn man wollte nichts von der Macht abgeben.
Wie heißt es so schön: „Demokratie ist die Beteiligung des Volkes an der Regierung.“ Kleine Parteien, wie die ÖDP, üben auch eine Kontrollfunktion aus, die den Grossen unbequem ist. Einzelpersonen in den Kommunalparlamenten bereichern die Bandbreite der Entscheidungsfindung. Koalitionen sind hier nicht nötig, da z.B. der Bürgermeister getrennt gewählt wird und oft nicht der Mehrheitspartei angehört.
Als stellvertretender Landesvorsitzender der ÖDP war ich bei der Einreichung der Klageschrift an den VGH in Münster federführend beteiligt. Als Vorsitzender des ÖDP-Kreisverbandes Gütersloh und als Ratsmitglied der Gemeinde Verl freue ich mich besonders über den Erfolg der Klage, der mir für die zukünftige politische Arbeit den Rücken stärkt.
Reinhard Wersing, Hölscherweg 5, 33415 Verl